Mich hat die Geschichte gestern abend auch noch ziemlich lange wach gehalten. Wärst du eine Freundin oder Nachbarin von mir, und wärst gestern mit der Story bei mir vor der Tür aufgekreuzt, hätte ich dich wohl sofort zur Polizei geschleift - notfalls an den Haaren. Dass es übers Internet läuft, macht es deshalb für mich kaum weniger schlimm, im Gegenteil, irgendwie ist es noch schlimmer, diese Geschichte zu wissen, gar nicht weiter helfen zu können und einfach abwarten zu müssen, was die Betroffenen unternehmen und wie sich das Ganze klärt.
Kurz gesagt: Ich sitze auf glühenden Kohlen, obwohl ich auch sagen könnte: Naja, was gehts mich an? Ist aber nicht so.
Ich wollte dir gestern Abend auch noch empfehlen, deinem Freund Beine zu machen. Allerdings hatte ich mir, da in dem Thread sehr eifrig diskutiert wurde und hitnak meistens schon was ganz ähnliches gesagt hatte, wie ich, angewöhnt, meine Antwort zurück zu halten, auszuschneiden, den Thread noch mal zu aktualisieren und nur falls die Antwort nicht inzwischen überflüssig geworden ist, einzufügen und abzusenden. Und so kam es dann auch, dass ich las, dass du ohnehin off gegangen bist und ohnehin tun willst, was auch ich dir raten wollte - mit ihm reden, ihn dazu bringen, jetzt Maßnahmen zu ergreifen.
Ich weiß jetzt natürlich nicht, wie es weiter geht, stelle mir vor, dass ihr im Moment bei der Polizei seid und eure Situation schildert. Die werden natürlich auch nicht gleich ein Sondereinsatzkommando auf den Plan rufen, sondern erst mal in Ruhe mit euch besprechen, was für Möglichkeiten es jetzt gibt. Möglich, dass sie euch sogar wegschicken und erst mal andere Wege abklappern lassen - hoffen wir also, dass sie sich von euch wirklich alarmieren lassen.
Wir werden es (hoffentlich!) zu lesen bekommen.
Worum es mir eigentlich geht: Mit etwas Glück ist meine Sorge auch überflüssig, und du hast deinen Freund nicht nur dazu überreden, sondern überzeugen können, die Sache in die Hand zu nehmen. Aber es scheint mir, dass er so verunsichert ist, was er tun soll und auch darf, dass er lieber gar nichts tut. Und das ist gar nicht gut. Vor allem nicht in Hinsicht darauf, was jetzt auf euch zukommen wird, wenn ihr diesen Stein ins Rollen bringt. Da muss er sich schon sicher sein, was er für das Kind will. Wenn er gleich wieder nachgibt und sich auf irgendwelche faulen Kompromisse einlässt, würde es mich nicht wundern, wenn sich die Großeltern eines Tages mit dem Kind ins Ausland absetzen oder noch schlimmeres. Es ist ja nicht einfach so, dass sie ihn für einen schlechten Vater hielten.
Selbst wenn sie ein wenig versuchen, auf diese Schiene zu springen, von wegen: "Früher hatte er kein Interesse, sein Kind zu sich zu holen" - Natürlich nicht, da hatte er ja auch nicht die "technischen" Möglichkeiten dazu...da brauchst du dir mal gar nichts einreden lassen.
Nein, diese Leute haben sich so sehr an das Kind gewöhnt, dass sie es fast für ihr eigenes halten. Und sie haben sich in die Vorstellung reingesteigert, dass er ihnen das Kind wegnimmt. Ein Kind, das ihnen gar nicht zusteht. Sie können also nicht mehr Recht und Unrecht unterscheiden. Und das macht sie gefährlich.
Dein Freund ist aber als Sorgeberechtigter auch in der Pflicht, sich um diese Dinge zu kümmern, und zwar als einziger. Es gibt keinen anderen Menschen, der ihm das abnehmen kann. Das ist ja der "Witz" am Sorgerecht. Wenn er zukünftig wirklich voll und ganz für sein Kind da sein will, muss er sich das bewusst machen, dass er die Aufgabe hat (die muss er nicht erst noch zugewiesen bekommen, oder sich ein bisschen Zeit nehmen, um zu überlegen, ob er die Aufgabe will, oder nicht, oder ob er sie in einer bestimmten Situation will oder nicht. Er HAT sie.) für das Wohlergehen seines Sohnes zu sorgen.
Er hat das eine Zeitlang seinen Eltern überlassen und meines Erachtens viel zu lange damit gezögert, ihnen diese Erlaubnis wieder zu entziehen. Die Gründe kann ich durchaus nachvollziehen, aber eben nur bis zu einem gewissen Grad. Mit diesem ganzen Affentheater hätte schon Schluss sein müssen, als sie das Kind das erste Mal bei Nachbarn vor ihm versteckt haben. Spätestens aber, nachdem sie 14 Tage lang jeglichen Kontakt untersagt haben. Es mag sein, dass er anfangs noch keinen Weg gesehen hat, oder sich seiner Beziehung mit dir noch nicht so sicher war. Aber warum er danach noch immer nicht gehandelt hat und jetzt auch noch zögert, ist mir selbst mit meinem als erst noch werdende Mutter noch nicht voll entwickelten Beschützerinstinkt unbegreiflich. Denn möglicherweise wäre es nie so weit eskaliert, und die Frage, ob nun Polizei oder Jugendamt, Gericht oder Anwalt oder eine Kombination usw hätte nie gestellt werden müssen - wenn er die Grenzen für seine Eltern früher gesetzt hätte. Aber er hat sie gewähren lassen, auch in Punkten, die nicht rechtswidrig, aber zumindest fragwürdig sind (wie das im Bett schlafen lassen, und auch das verwöhnen mit luxuriösen Geschenken).
Für mich bedeutet das, dass er sich vor der Verantwortung, die Sorge zu übernehmen, drückt.
Wenn ihr jetzt das Kind "ausgehändigt" bekommt (was ich wirklich hoffe, weil ich allein schon glaube, dass es dem Jungen bei DIR besser geht, als bei den Großeltern), dann müsst ihr euch mit dieser Thematik auseinander setzen. Und ich glaube, damit dein Freund seine Vaterrolle wirklich annehmen kann und nicht so lasch handhabt wie bisher, müsst ihr euch wirklich therapeutischen Rat holen. Oder anders gesagt: Macht nicht den Fehler, einfach so zu tun als wäre nichts gewesen, wenn das Kind ab heute (morgen, übermorgen..egal) bei euch lebt.